Projektleiter:

Prof. Dr. Cristina Fossaluzza (Venezia)

Prof. Dr. Jürgen Wolf (Marburg)

Mitarbeiter:

Robin Kuhn

In Kooperation mit der Fürstlich Waldeckschen Hofbibliothek in Bad Arolsen

Die überlieferten Übertragungen der schon an sich spärlichen Originaltexte zur Commedia dell’arte aus dem Italienischen in andere europäische Sprachen sind selten. Neulich konnte eine solche Übersetzung eines Werks von Francesco Andreini (Le bravure del Capitan Spavento / Die dapffere Thaten deß Capitan Schröcken) im handschriftlichen Bestand der Fürstlich Waldeckschen Hofbibliothek in Bad Arolsen entdeckt und in den alten Bibliothekskatalogen der Hofbibliothek ermittelt werden. Im Rahmen eines vorläufig abgeschlossenen DFG-Projekts (https://www.uni-kassel.de/projekte/fuerstenbibliothek-arolsen/startseite.html), an dem beide Projektleiter beteiligt waren, wurde das Digitalisat der Arolser Handschrift unter den historischen Beständen der UB Heidelberg in open-source Verfahren online zur Verfügung gestellt und mit Metadaten versehen: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/fwhb/andreini1610.

Wie der nicht gerade bescheidene Umfang von neun Blättern und 480 Seiten vermuten lässt, handelt es sich bei dieser Quelle um eine vollständige deutsche Übersetzung der Gespräche von Andreini. Die Arolser Übersetzung wurde direkt nach den ersten beiden italienischen Auflagen von 1607 und 1609 und nach der französischen Übersetzung von 1608 von einem bislang nicht identifizierten, anonymen Übersetzer angefertigt. Diese Quelle bekräftigt die Bedeutung und die Popularität der italienischen Stegreifkomödie in Deutschland im 17. Jahrhundert und eröffnet ein neues Kapitel zur Komplexität der interkulturellen Beziehungen zwischen Italien und Deutschland im Barockzeitalter. Die im katholischen Kontext entstandenen Commedia dell’arte wurde in Zeiten der Religionskonflikte gerade von der protestantischen Wissensgesellschaft in Deutschland aktiv rezipiert. Diese nahm die Stegreifkomödie am Vorabend des Dreißigjährigen Kriegs nicht in erster Linie als populäres, sondern eher als gelehrtes Phänomen auf und ließ sie als solches übersetzen. Das Projekt will mit Hilfe einer vollständigen Transkription und darauf aufbauend einer kritischen Edition der entdeckten Handschrift eine zentrale Quelle für diesen Themenkomplexen editorisch erschließen. Es leistet damit einen grundlegenden Beitrag zur Frühneuzeitforschung in europäischer Perspektive.